Ein großes Problem für Arten- und Naturschutz ist unsere intensive, teils industrielle Landwirtschaft. Die Umweltbilanz der Landwirtschaft ist denkbar schlecht :Zu hohe Nitratwerte im Grundwasser, anhaltend hoher Verbrauch von chemischen Pflanzenschutzmitteln, ein massiver Verlust an ökologischen Rückzugsflächen in der Agrarlandschaft und damit eine deutlich schwindende Artenvielfalt. Und das ganze wird mit EU Agrarsubventionen noch gefördert, statt verhindert. Jedes Jahr fließen in der EU rund 57 Milliarden Euro fast bedingungslos in die Landwirtschaft, allein rund 43 Milliarden Euro wurden 2012 als flächenbezogene Direktzahlungen an die Landwirtschaft ausgeschüttet. Als Gegenleistung müssen sich die Landwirte nur an die ohnehin geltenden Fachgesetze halten. Mit den Agrarmilliarden werden deshalb leider auch Bauern unterstützt, die mit monotonen Maiswüsten, großflächigem Umbruch von artenreichen Wiesen und Weiden oder tierquälerischer Massentierhaltung unserer Umwelt und Gesundheit mehr schaden als nutzen. Ein Nachweis, ob die Steuermittel ökologisch sinnvoll eingesetzt werden, fehlt. Hier muss dringend umgesteuert werden.
Auch die tatsächliche Lage im Landkreis ist bedenklich, wie die Daten des Statistischen Landesamtes zeigenIn den Jahren von 1999 bis 2010, für die das Statistische Landesamt detaillierte Zahlen vorgelegt hat, wuchs im Kreis Reutlingen die Anbaufläche für Mais um 135,7 Prozent. Damit hat der Kreis Reutlingen unter den benachbarten Kreisen das stärkste Wachstum hinter sich. 16,2 Prozent der gesamten Ackerfläche von gut 20 000 Hektar sind mittlerweile von Maispflanzen belegt. Während der Landesdurchschnitt bei 13 Prozent liegt, bewegt sich der Kreis Reutlingen damit auf dem Niveau der Kreise Sigmaringen (18,5 Prozent) sowie des Alb-Donau-Kreises (15,7 Prozent) und ist zugleich noch weit entfernt von den Maishochburgen Ravensburg (9741 Hektar/36,3 Prozent der Ackerfläche) und Biberach (13 820 Hektar/26,6 Prozent).
In der ordnungsgemäßen Landwirtschaft gibt es keine Eingriffe in den Naturhaushalt, und ordnungsgemäß heißt Düngung, gleich ob mit Mist, Gülle oder Mineraldünger, Pflanzenschutz mit Giften (Herbizide, Pestizide, Fungizide), Einsatz von Großmaschinen ohne arbeitszeitrechtliche Einschränkungen (Nachtarbeit) oder gar Ruhezeiten(Sonntagsarbeit), Beseitigung aller Faktoren, die der Maximierung der Produktion im Wege stehen könnten (Flurbereinigung) sowie steuerlich begünstigter Energieeinsatz. Hinzu kommen hohe Subventionszahlungen um Überschüsse abzubauen und Erschwernisse dort auszugleichen, wo die Natur partout nicht maximale Produktion zulässt, um witterungsbedingte Schwankungen zu beheben, die Bearbeitungsfähigkeit der Fluren zu verbessern, um Feldwege, die nur wenige Male im Jahr befahren werden, zu teeren und so fort. All das und noch viel mehr an Folgekosten und – lasten trägt die Gesellschaft als Kosten und sie bringt seit Jahren erheblich mehr an Fördermitteln auf als die Landwirtschaft an Produktwert überhaupt produziert.
Wir müssen uns bewusst werden, dass es die Landwirtschaft mit ihren direkten und indirekten Wirkungen ist, die weit vor anderen Verursachern zum so starken Rückgang der Arten geführt hat. Ausgehend von den Roten Listen der gefährdeten Arten ist die Hauptursache für den Rückgang von Säugetieren, Vögeln, Kriechtieren und Lurchen in Mitteleuropa die Landwirtschaft mit 78 %, gefolgt von Jagd, Fischerei und direkter Verfolgung mit 12 %, und dann mit weitem Abstand Bau und Siedlungstätigkeit mit 2 %, ebenso wie Verkehr und Straßenbau mit 2 %. Die intensive Landwirtschaft nimmt mit über 50 Prozent Flächenanteil starken Einfluss auf Natur und Umwelt und verursacht den Rückgang unserer Tier- und Pflanzenwelt. Der NABU setzt sich für eine naturverträgliche Landwirtschaft ein. Ob EU-Agrarreform, gesunde Ernährung und Ökolandbau, Pestizide und Düngemittel oder Maßnahmen zum Erhalt der Feldvögel, der NABU nimmt Stellung. Der NABU Pfullingen ist Mitglied im Verein Blumenwiesen Alb und möchte gemeinsam mit Landwirten und anderen Naturschutzverbänden die Erhaltung und Förderung vielfältiger und artenreicher Blumenwiesen und ‑weiden vorantreiben und besonders die Landwirte unterstützen, die Blumenwiesen hochwertig erhalten.